Bonn geht essen

Mein Gastroführer mit dem Blick für das Besondere.

  • SHOP
  • Reisen & Ausflüge in und um Bonn
  • Restaurants von A – Z
  • Gastronomie nach Vierteln
Menü
  • SHOP
  • Reisen & Ausflüge in und um Bonn
  • Restaurants von A – Z
  • Gastronomie nach Vierteln

"Unser Lebensmotto ist Spaß haben"

0 Reviews
Fotos hinzufügen
Eine Rezension schreiben

Auf der re:publica 2014 kam ja niemand an dem Insektenstand von Bugs-Food vorbei, da sie am prominentesten Spot standen und jeder, der zu stage 1 wollte, musste immer wieder an den Leckereien vorbei. Toll, wenn man noch auf dem Weg zu einem langen Vortrag einen Lutscher mitnehmen kann. Mit Grille oder Mehlwurm inside. Je nach dem, wie man es lieber mag. Irgendwann hieß es gerüchteweise, dass die Inhaber Bonner Jungs sind und damit war klar, dass ich die Beiden treffen will um ein Interview für Bonngehtessen zu machen.

Im Nachhinein kann ich schon mal sagen: wie großartig, dass ich Michael und Dennis kennenlernen durfte, denn schon wieder sind mir Menschen mit ganz viel Leidenschaft für etwas begegnet und man merkt es ihnen in jedem Wort und in ihren Produkten an.

Wie man auf die Idee kommt aus Insekten Lutscher zu machen und Kochkurse für Insektengerichte anzubieten, wird mir schnell klar, als Dennis aus seinem Leben erzählt. Er las mit 14 Jahren ein Buch seines Vaters von einem Survival Experten. Die Leidenschaft für Abenteuer war geweckt und noch in Schulzeiten, fuhr er in den Amazonas und fing dort an, die ersten Abenteuertouren zu machen. Das man dabei auch mal einen Wurm, eine Grille o.ä. isst, leuchtet mir ein. Ekel verschwindet, man betrachtet es als Normalität und irgendwann entstand die Idee es einmal mit Insektenkochkursen zu versuchen und aufgrund der großen Nachfrage auch bunte, durchsichtige Lutscher mit Insekten.

"Kann mich gar nicht entscheiden..."
„Kann mich gar nicht entscheiden…“

Der Lieferant, den sie fanden, war so unzuverlässig, dass Dennis und Michael, den er vom Laufen kannte und der sehr gerne kocht, anfingen zu experimentieren, wie Lutschermasse denn gemacht wird. Was ist der beste Geschmack? Wie kriegt man die Masse durchsichtig, damit man auch das Insekt beim Lutschen sieht und was muss man beachten, damit die Lutscher dann auch gelagert werden können ohne zu verderben.

Es hat 1 Jahr gedauert bis sie den perfekten Lutscher hatten und damit dann in die Lebensmittelbranche einstiegen und Bugs-Food gründeten.

Ich lerne im Folgenden sehr viel, denn ich habe mir wirklich noch keine Gedanken darüber gemacht, wie Insekten wohl getötet werden. Physiologisch halten Insekten Winterstarre. Das wird im Tötungsprozess ausgenutzt. Man packt Insekten ins Eisfach und sie fallen in Winterstarre und werden dann etwas weiter runtergekühlt und versterben.

Bugs-Food bekommt die Insekten gefriergetrocknet geliefert die für den Verzehr für Menschen freigegeben sind.

Die Qualität kontrollieren sie immer wieder in dem sie auf eigene Kosten Insektenproben in unregelmäßigen Abständen in ein Labor schicken. Es war sehr schwierig ein Labor zu finden, die das bei Insekten machen da es noch wenig Erfahrungen mit Insekten im Lebensmittelbereich gibt.

Gefriertrocknung ist die teuerste Variante der Haltbarmachung von Insekten. Dafür sind sie dann aber auch am Längsten haltbar und vor allem wird die Optik nicht beeinträchtigt, was sehr wichtig ist, denn viele Kunden kaufen die Insekten genau wegen des Aussehens.

Friert man sie ein, dann sind sie nach dem Auftauen matschig und wabbelig. Das möchte der Konsument nicht und im Backofen verbrennen sie gerne. In Asien schmeißt man sie einfach in Fett, aber dann schmecken sie halt immer nach Fett, was z.B. bei der Verwendung in Lutschern keinen guten Geschmack bereitet.

A propos Optik: meine geniale Idee statt grüner Smoothies doch in den Markt einzusteigen mit Proteindrinks aus pürierten Insekten, scheitert u.a. daran, dass die Kunden die Insekten noch als solche erkennen wollen. Eine pürierte, undefinierbare Masse beinhaltet nicht mehr den „Kick“.

Ein weiterer Mythos klärt sich für mich auf, als wir auf das Thema Fitness kommen. In den USA gibt es einen Anbieter für Proteinsnacks aus zerquetschten Grillen. Aber das Eiweiß von Insekten wird von Menschen nicht so gut verwertet, wie z.B. das Eiweiß von Rindern. Deswegen haben Michael und Dennis solche Fitnessnahrung nicht in ihrem Angebot und nehmen sie auch nicht auf. Für den Normalverbraucher ist die schlechtere Verwertung egal, denn Insekten werden nach Meinung der beiden ein Nischenbereich bleiben und nicht zu einem Hauptnahrungsmittel werden.

Würdet ihr davon träumen, dass es in 20 Jahren eine Gourmetküche gibt in der Maden statt Kalbsbraten auf den Tisch kommen oder Schuhbeck über Grille an Rote Beete Schäumchen philosophiert, frage ich. Nein, da sehen sie weder das Potential, noch kommt es ihrem Verständnis von Spaß gleich. Würde die Insektenindustrie so boomen, dann würden sie eh einfach von Kraft Foods o.a. aufgekauft werden. Der Spaß wäre vorbei.

Zudem gibt es in Frankreich ja bereits ein Restaurant, dass mit Insekten ganz normal in der Speisenzubereitung arbeitet und zwar auf einem hohen gastronomischen Niveau Le Festin Nu .

Der Lutscher mit dem gewissen Etwas
Der Lutscher mit dem gewissen Etwas

Michael und Dennis haben ein Hobby zu einem (Zweit-)Beruf machen können und freuen sich darüber, dass sie über ihre Produkte selber entscheiden und keinem Gewinn verpflichtet sind. Die Firma ist ein Hobby und das Hobby macht Spaß. Dieser Spaß treibt sie immer weiter in der Ideenentwicklung. Dazu besuchen sie auch Indianerstämme in Südamerika um die tollste Schokolade zu finden, die mit ihren Insekten kombiniert werden kann.

Dennis ist Kölner und Michael Bonner und der Firmensitz ist Bonn. Lager und Logistik ist in Köln. Sie wollen künftig „Deutsche Handarbeit“ auf den Produkten vermerken, weil es sehr viele Anfragen gibt, ob die Lutscher aus Polen oder Indonesien kommen. Sie stellen sie aber selber in Rheinland her. Sie machen alles selber, da sie aktuell auch ihre Rezepte geheim gehalten und nicht an Mitarbeiter weitergeben.

Alle paar Wochen verbringen sie dann ein Wochenende in einer angemieteten Küche und produzieren die nächsten Lutscher oder Grillen in Chili gegart etc. Die Kunden vertrauen ihnen und bevorzugen es zu wissen, dass hier in Deutschland produziert wird.

Ich verstehe, dass beide keinerlei Missionarseifer haben Fleisch von Säugetieren in dieser Gesellschaft langsam durch Insekten zu verdrängen. Darum geht es ihnen nicht. Der Kunde soll ein kulinarisches Erlebnis haben, Bugs-Food weiterempfehlen und Spaß an dieser Nische hat. Wenn sie das erreichen, dann freuen sie sich sehr. Das gesamte Erlebnispaket soll den Kunden erreichen. Wer mit dieser Leidenschaft selber dabei ist, der überzeugt auch andere spielend, so ist meine Meinung ;-)

In den Kochkursen gibt es übrigens eine Vielzahl an Gerichten. Salate in denen z.B. Nüsse durch Mehlwürmer ersetzt werden, die einen leicht nussigen Geschmack haben. Oder Gemüse-Couscous mit gebratenen Heuschrecken und Schoko-Mahlwurm Cracker etc. Wer in den Kochkurs kommt, hat sich davor meistens mental auseinander gesetzt und muss dort nicht mehr überzeugt werden die Gerichte zu essen. Die Bewusstwerdung fand bereits davor statt. Zudem starten Michael und Dennis erstmal mit kleinen Insekten, die anatomisch einfach sind und klein, wie eben Mehlwürmern. So nähert man sich dem Thema langsam und zudem steht vor dem Essen auch das Kochen mit den Tieren, sodaß schon eine Gewöhnung stattfindet.

Die Kochkurse sind gut besucht in Zeiten des Dschungelcamps und wer mal in der heimischen Küche mit Insekten kochen möchte, der bekommt die Tiere entweder im Tierhandel als Futtermittel oder kann auch gerne bei bugs-food.de bestellen.

Dennis und Michael sind sehr ungleiche Unternehmer und ich glaube, dass das auch Teil des Erfolgs ist. Unterschiedliche Menschen mit der gleichen Leidenschaft müssen mehr miteinander diskutieren und in diesem Prozess entstehen dann immer wieder neue Ideen. Zudem streitet man sich nicht um die gleichen Aufgaben und jeder ist in seinem Bereich glücklich, was ja auch wichtig ist.

Michael, deine 3 Worte zu Bonn: Rhein, Fahrrad, Vielfalt.

Michael Iselt (links) und Dennis Besseler
Michael Iselt (links) und Dennis Besseler

Danke für das tolle Interview und ich bin mir sehr sicher, dass bei euch noch mehr Ideen entstehen werden von denen ihr die ein oder andere auf die Straße bringt und ich bin sehr gespannt.

PS. Furchtbar ist nur, dass ich vollkommen vergaß Fotos zu machen, weil wir in einem Café saßen, da es ja keine Produktionsstätte in dem Sinne gibt. Unverzeihlich und man merkt hier: kein Profi am Werk :-( Ich bessere mich!

Kommentare

Antworten abbrechen

Anschrift

Spannendes:

  • Was ist „gutes Essen“ für mich?
  • Media Kit
  • „Bonngehtessen“ in den Medien
  • Über mich

Company:

  • Impressum
  • Datenschutzerklärung
Copyright Bonngehtessen © 2021. Alle Rechte vorbehalten.

Toll, dass du wieder hier bist

Lost your password?