Bonn geht essen

Mein Gastroführer mit dem Blick für das Besondere.

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Corona, #GastroRestart und meine Gefühle

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Als ich aufwuchs, hat meine Familie klare Essenszeiten gehabt.

8 Uhr Frühstück, 12 Uhr mittag, 18 Uhr Abendessen.

Natürlich war unter der Woche das Frühstück früher und das Mittagessen hing vom Schulschluß ab. 

Wenn man sich mal beim Frühstück oder Mittag nicht sah, dann gab es eine Regel, die niemals gebrochen wurde: um 18 Uhr waren alle um den Abendtisch versammelt. Da gab es dann Butterbrot und Tee. Bei meinen Eltern am Freitag abend gerne mal mit einem winzigen Schlückchen Stroh-Rum versetzt.

Das Abendessen war der Moment des Tages an dem sich alle ausgetauscht haben. Wie war die Schule, wo drückt der Schuh, was ist auf der Arbeit passiert, was passiert in der Nachbarschaft und ist jemand gestorben oder geboren worden.

Gemeinsames Essen hat für mich bis heute einen hohen Stellenwert. Ich möchte mich hier austauschen. Mit der Ursprungsfamilie, der neuen Familie, den besten FreundInnen, meinen GeschäftspartnerInnen, Menschen, die ich noch kennenlernen möchte, Leuten aus meiner Community, die mir interessant erscheinen.

Vor dem Fernseher fletzen mit dem Essen oder stehend an einem Imbiß, wenn man auf dem Sprung ist oder Essen für „auf die Hand“, habe ich immer verabscheut und kann mich nach wie vor nicht damit anfreunden. Dabei fehlt für mich die soziale Komponente.

Wenn Essen „auf dem Sprung“ stattfindet, dann fehlt mir an dem Tag der Austausch. Dann kann ich meine Sorgen, Ängste und Erfolge nicht teilen und erfahre auch nicht, was bei meinen Freunden passiert. Dann fehlt der Tratsch über wer mit wem. Dann schaffe ich mit Freunden und anderen Menschen keine neuen Momente an die ich mich in schlechten Zeiten erinnern kann.

Mich ernährt „essen gehen“ auf verschiedenen Ebenen: Kalorienzufuhr und satt werden für den Körper, aber vor allem ist es der Moment an dem ich seelisch ernährt werde.

Smartphones in hands in smart watch over the table with coffee food and laptop

Es ist 13 Uhr am ersten Tag nach der ersten Coronawelle und einige Restaurants öffnen wieder.

Ich halte es für meine Pflicht, dass ich diese Woche wieder, wie vor der Coronakrise, täglich essen gehe. Das ist schließlich auch mein Job. Um 17:30 Uhr bin ich mit einer Freundin verabredet.

Auf Instagram schaue ich mir mit Interesse die vielen Fotos der Gastrobetriebe an. Die Verordnung sagt „Tische sind so anzuordnen, dass a. zwischen den Tischen mindestens 1,5m Abstand (gemessen ab Tischkante bzw. den zwischen zwei Tischen liegenden Sitzplätzen) vorliegt.“

Deutsch ist meine Muttersprache und Abitur habe ich auch noch, aber ich verstehe den Satz nicht.

1,5m von Tischkante zu Tischkante? Juchhu … da kann der ein oder andere Gastronom noch Tische dazustellen :)

Oder 1,5m von Rückenlehne zur nächsten Rückenlehne, wenn ein durchschnittlich gewichtiger Mann von 1,79cm auf dem Stuhl sitzt? Das wäre meine logische Interpretation den Nachsatzes. 

Female friends using smartphones to take photos of their pizza

Auf Instagram findet sich alles. Da gibt es Gastronomen, die mit Klarsichtfolie zwischen Säulen Barrieren erschaffen. Da sitzt man gefühlt in kleinen Boxen aus Klarsichtfolienumrandung. Sicher und definitiv alle Regularien einhaltend. So kann man alle Plätze öffnen. Emotional merke ich, dass ich das schwierig finde. So stelle ich mir keinen schönen, lauschigen Abend mit Freunden vor. Lachen, trinken, erzählen, während die Plastikfolie um uns schimmert, der Service im Abstand sich ängstlich (bloss keinen Fehler machen) bewegt und ich selber an den Nasenmundschutz denken muss, wenn ich aufs Klos gehe.

Es finden sich auf Instagram aber überwiegend die Gastronomen, die 1,5m von Tischkante zu Tischkante interpretieren und das kann ich ihnen wirtschaftlich auch nicht übelnehmen.

In einer Umfrage am Wochenende in meiner Community haben „nur“ 39% gesagt, dass sie die neue Möglichkeit wieder IN Restaurants zu gehen auch nutzen werden. Das ist nicht viel und wird auch auf längere Sicht noch so bleiben. In der Gesamtheit benötigen wir also auch gar nicht die 100% der Kapazitäten in den Restaurants. Aber natürlich gibt es Hot Spots, wie die Innenstadt und die Clemens-August Straße, die eher übervoll sein werden und die Randgebiete, die leerer sein werden, glaube ich. Oder werden die Menschen, weil sie ängstlich sind, lieber ein bißchen die Randviertel aufsuchen?

In 5 Stunden werde ich das erste Mal mit Nasenmundschutz vor einem Restaurant stehen und darauf warten, dass ich zu meinem Tisch geleitet werde. Ich bin unsicher und angespannt.

5 Stunden vor dem ersten Restaurantbesuch denke ich, dass essen gehen nicht mehr so sein wird, wie wir es kennen und das über eine sehr lange Zeit.

Mit Sicherheit ist meine Situation auch noch mal eine besondere. Ich kenne nach über 6 Jahren viele Gastronomen sehr gut. Bei ihnen essen zu gehen ohne sich zu umarmen, finde ich eine schlimme Vorstellung. Auch das Übliche „Komm setz dich dazu“ am späteren Abend fällt weg und macht für mich einen Großteil des Charmes beim Essen gehen aus. Der Abend wird später, man kennt den ein oder anderen, die meisten Gäste gehen und dann setzt man sich zusammen …. das wird wegfallen.

Aber auch mit einem befreundeten Pärchen treffe ich mich lieber locker zuhause mit Lieferservice, statt etwas verunsichert und eingeengt in einem der Restaurants. Andererseits möchten wir alle wieder Normalität und schöne Begegnungen außerhalb der eigenen 4 Wände. 

Ich bin gespannt, was ich nach der ersten Woche in den Restaurants sagen werden und wünsche uns allen einen guten Start.

Kommentare

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  1. Werner Beckmann- Ristorante La Vita

    Du hast die Situation gut beschrieben! Als Gastronom mit sehr vielen Stammgästen ( ältere u. Auch Jüngere) versuche ich Herzlichkeit auf Distanz zu „ vermitteln“ Aber es bedrückt mich Schönschrift, z.B. Dich nicht umarmen zu können 😢Herzlichst Dein Werner

    3 Jahren her

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